Donnerstag, 3. März 2016

Was ist daran so besonders?

Nachdem jemand zu einer Freundin gesagt hat, kein Hund könne schön am Geschirr laufen, denn Geschirre seien ausschließlich zum Ziehen da, fühlten wir uns herausgefordert und begannen unsere Hunde zu filmen, wie sie ach so schön am Geschirr laufen. Das ganze soll dann zu einem einzigen Video zusammen geschnitten werden, aber soweit sind wir noch nicht (wird bei Zeiten natürlich nachgereicht).

Im Zuge dessen habe ich auch meine Kollegin Kristina Schöller mit ihrem Husky Saphir gefilmt. Weil das Video so großartig geworden ist, wollte ich es meinen Freundinnen zeigen und habe es auf Facebook hochgeladen und damit Kristina es auch anderen Leuten zeigen konnte, habe ich es auf „öffentlich“ gestellt.

Während wir uns nun gemeinsam an dem tollen Video erfreuten, hat es jemand mit folgenden Worten kommentiert:
„Was war mit dem Hund dass das jetzt was besonderes sein soll? Wills nur verstehen.“


Anfangs war ich etwas irritiert, wie man das Besondere daran nicht sehen kann, denn ich, für meinen Teil, habe es jetzt schon ca. 100 Mal gesehen und bin immer wieder auf’s Neue verzückt.
Aber eigentlich ist es eine gute Frage! Was ist das Besondere an einem Hund der an lockerer Leine auf einer Wiese läuft. Schön! Am Geschirr!
Immerhin haben wir das Video ja gemacht um zu beweisen, dass es kein Problem für Hunde ist, an lockerer Leine schön am Geschirr zu laufen :P

Aber ich sehe hier so viele besondere Momente und die möchte ich nun auch hier teilen.



Zum einen ist es schon einmal etwas Besonderes wenn ein Hund allgemein schön an der Leine läuft, sei es nun am Geschirr oder an sonst was. Sehr viele Hunde zerren an der Leine. Das sieht man täglich auf der Straße und das – teilweise noch in Verbindung mit Leinenaggression – ist das Nummer 1 Problem, weshalb Hundebesitzer sich an mich wenden.
Ein leinenführiger Hund ist also etwas Besonderes – ganz egal, ob er vorher komplett gestört war oder ob es ihm quasi in die Wiege gelegt wurde.
Ein leinenführiger Schlittenhund ist vielleicht sogar noch ein kleines bisschen besonderer, immerhin liegt ihnen das Ziehen ja im Blut.

Leinenführigkeit ist keine leichte Übung! Nur weil der Mensch es einfach voraussetzt, kann es ein Hund nicht automatisch. Der Hund muss lernen Entfernungen und Geschwindigkeit einzuschätzen. Wie ich das trainiere, erkläre ich ein anderes Mal, aber das Trainingsziel ist ein Hund, der sich selbst „korrigiert“ bevor er am Ende der Leine angekommen ist. Ich bin immer wahnsinnig stolz, wenn ein Hund, dieses Ziel erreicht hat! Wenn der Hund ohne irgendein Signal, Lockmittel, Leinenruck oder was auch immer von selbst langsamer wird und sich zum Menschen am anderen Ende der Leine umsieht, weil er wirklich verstanden hat worum es geht, dann lacht mein Trainerinnen-Herz :)

Ganz besonders an diesem Video finde ich aber die tolle Kommunikation und die Bindung zwischen Kristina und Saphir. Das geht auch ohne an ihm herum zu zerren oder ihn mit Leckerlis vollzustopfen. Er muss nicht Fuß gehen oder sonst etwas. Er darf schnuppern, markieren und rumspringen, Hunde-Sachen machen eben und dennoch bleiben die beiden verbunden und das nicht durch die Leine, die immer locker bleibt!
Ohne große Worte oder irgendein Hilfmittel wechselt Saphir die Richtung bei Minute 0:05, 0:09, 0:16 und 0:21. Erst bei Minute 0:29 bekommt er ein Leckerli mit dem er nicht gelockt oder gar bestochen wurde.
Er sieht sein Frauchen an, als würde er fragen „Wohin gehen wir?“ und sie zeigt es nur mit einem Kopfnicken oder einer Gewichtsverlagerung. Er antwortet darauf „Oh cool! Das macht sicher Spaß mit dir dorthin zu gehen“ (ja, ja wieder mal den Hunden in vermenschlichter Art und Weise Worte in die Schnauze gelegt, aber ich bin sicher, könnte er sprechen, würde er genau das sagen).
Das ist ein wunderbares Beispiel für eine gelungene Mensch-Hund-Kommunikation und in meinen Augen etwas ganz Besonderes.

Jeder Hund sollte leinenführig sein. Und jeder Mensch sollte mit seinem Hund kommunizieren können. So gesehen sollte das alles vielleicht Standard sein und nicht sooo besonders.
Aber ich persönlich finde, man sollte das Besondere in allem sehen! Viel zu viele Dinge nehmen wir einfach als „normal“ hin und würdigen sie nicht weiter. Erst wenn etwas nicht klappt, fällt es uns negativ auf.
Jeder, der schon einmal einen extrem zerrenden und/oder leinenaggressiven Hund geführt hat, weiß wie fürchterlich das sein kann, wenn dieser mehr als 5kg wiegt. Das ist dann ein großes Problem. Geht der Hund brav an der Leine nimmt man es einfach so hin, denn es ist ja normal und nichts Besonderes brav an der Leine zu gehen.
Das ist sehr schade. Wir tun unseren Hunden unrecht und uns selbst auch nichts Gutes, wenn wir immer nur in Problemen denken anstatt das Besondere in dem zu sehen, was funktioniert.


Mit Saphir war im Übrigen überhaupt nichts. Obwohl seine ersten drei Lebensmonate, bevor er zu Kristina kam, sicherlich nicht ganz optimal verlaufen sind, habe ich ihn von Anfang an als einen tollen, lernwilligen und lustigen Hund kennengelernt. Er kann nicht nur brav an der Leine gehen, sondern auch zahlreiche Tricks, macht sich gut in der Unterordnung und zeichnet sich vor allem durch sein geniales Sozialverhalten, seine Freundlichkeit und seine Lebensfreude aus. Er ist ein großartiger Hund! Und das soll nichts Besonderes sein!? 

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