Samstag, 2. Mai 2015

Blöder Hund

Letztens wurde mir von jemand erklärt, seine Hunde wären die blödesten Hunde, die dieser jemand je gesehen hatte.

Was machte diese Hunde so besonders blöd?
Sie setzen sich nicht automatisch hin, wenn man "Sitz" sagt und kratzen an der Tür, wenn sie hinein wollen.
Blöde, unfähige Mitsviecher!

Ich war irgendwie schockiert und wußte nicht genau was ich dazu sagen sollte, deshalb hielt ich erstmal meinen Mund. Aber es liegt mir immer noch im Magen.
Wie kann man einen Hund oder irgendein anderes Lebewesen als "blöd" bezeichnen, wenn es nur das macht was es gelernt hat bzw. Dinge nicht macht, die es nicht gelernt hat.
Eine Volksschul-Lehrerin, die ihre Erstklässler als blöd bezeichnet, weil sie noch nicht lesen und schreiben und nicht mal integralrechnen können, hat wohl den falschen Job.

Wenn in solchen Fällen irgendwer blöd ist, dann ja wohl nur der Mensch, der es verabsäumt hat, dem Hund das beizubringen, was er möchte.


Zugegeben es gibt Hunde, die stellen sich in manchen Dingen irgendwie blöd an.
Kiki z.B. ist gänzlichst untalentiert bei der Bodenarbeit. Er hat Probleme mit der Körperbeherrschung und kann einfach nicht z.B. über Cavaletti steigen. Er kann auch nicht auf rutschigem Boden gehen - weshalb ich mir oft besonders blöd vorkomme, wenn ich mit ihm eine Ausstellungshalle oder ein Geschäft betrete.
Sich bei einer Übung blöd anstellen heißt aber noch lange nicht blöd zu sein! Es heißt nur, daß der Trainer sich überlegen muss, wie er dem Hund die Sache beibringen kann, wie er die individuellen Talente des Hundes fördert und die Schwächen ausgleicht.
Ich bin blöd, weil ich noch nicht drauf gekommen bin, was Kiki braucht um eine bessere Körperbeherrschung zu bekommen und ich bin auch blöd, weil ich nicht oft genug die Zeit finde um mit ihm an diesen Dingen zu üben.

Nein, eigentlich bin ich auch nicht blöd. "Blöd" ist ein abwertendes Wort mit dem man weder andere Menschen, noch Hunde, noch sich selbst bezeichnen sollte.
Verhalten sollte nie bewertet werden, sondern einfach beobachtet, dann kann man seine Rückschlüsse ziehen und nach eine Lösung suchen. Verhalten (ab) zu wertet indem man es als "blöd", "böse", "schlecht", "hinterlistig" oder was auch immer bezeichnet, trübt den Blick auf die Hintergründe.
Jedes Lebewesen macht in jeder Lebenlage immer das was für ihn in dem Moment den größten Nutzen bringt und Ende. Es gibt für jedes Verhalten immer einen guten Grund und wenn man den erkennt, dann kann man auch daran arbeiten, das Verhalten zu ändern.

Kratzt ein Hund an der Tür, weil er hinein will, ist er nicht blöd oder schlimm oder sonst was. Er probiert einfach etwas aus um zum gewünschten Erfolg zu kommen. Wird er dann auch noch tatsächlich hinein gelassen, dann hatte er ja wohl recht und ist eigentlich sehr gescheit. Immerhin hat er ein geeignetes Mittel gefunden, das die Tür öffnet. Dass die Menschen dabei ungehalten sind, findet er vielleicht nicht so toll, aber das ist nun mal der Preis dafür, dass die Tür sich öffnet.
Das es auch anders geht, weiß der Hund ja nicht - falls es überhaupt anders geht und der Hund nicht sowieso so lange ausgesperrt bleibt, bis er irgendein dem Menschen unpassendes Verhalten an den Tag legt.

Einen Hund dann noch zusammen zu schimpfen oder anderweitig zu bestrafen ist einfach nur unfair. Es wäre das gleiche, wie die Erstklässler anzubrüllen, wenn sie noch nicht lesen können.
Das ist mir übrigens passiert, fällt mir gerade ein: Ich habe einmal eine Schauspielschule besucht noch bevor ich in die Volksschule gekommen bin. Dort hätte ich einen Text vorlesen sollen und hab mich nicht getraut zu sagen, dass ich noch nicht lesen kann. Die Schauspiellehrerin wurde sehr ungehalten mit mir und ich bekam noch mehr Angst. Ich bin dort nie wieder hingegangen. Durch diese Aktion habe ich weder lesen gelernt, noch schauspielern. Es war einfach nur eine unangenehme Situation in die ich nie wieder kommen wollte.

Ja, ja Hunde sind keine Kinder. Aber jedes Lebewesen hat das Recht respektiert zu werden und wenn ich mit seinem Verhalten nicht zufrieden bin, dann muss ich eben rausfinden, wie es zu dem Verhalten kommt und wie man die Situation anders gestalten kann. Jemand oder etwas als "blöd" zu bezeichnen zeigt nur Respektlosigkeit und führt zu nichts - außer vielleicht der persönlichen Befriedigung. Gilt ja auch für Menschen, dass sie immer nur das machen, was für sie gerade am besten ist und manche Menschen brauchen es wohl andere abzuwerten um ihr eigenes Selbstwertgefühl zu stärken. Wer es aber nötig hat, sich in punkto Intelligenz über einen Hund zu stellen, der sollte lieber an sich selbst arbeiten und von der Hundehaltung und -erziehung Abstand nehmen.

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